Den Begriff Biostimulanzien hört man immer häufiger. Zunächst oft belächelt, nehmen diese Produkte heute einen festen Platz im Markt ein. Durch die Einschränkungen sowohl im Pflanzenschutz- als auch im Düngesegment wächst ihre Bedeutung weiter. Trotzdem ist die Unsicherheit groß: Was kann man von diesen Produkten halten? Wie werden sie unterschieden? Und was können wir an Wirkung erwarten? Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick geben.

Was sind Biostimulanzien?

Der Europäische Verband der Biostimulanzien- Hersteller EBIC (European Biostimulants Industry Council) definiert die Mittel wie folgt: „Pflanzen-Biostimulanzien enthalten Substanzen und/ oder Mikroorganismen, deren Funktion es ist, nach Anwendung auf Pflanzen oder dem Boden, natürliche Prozesse zu stimulieren und dabei die Nährstoffaufnahme und -effizienz, die Toleranz gegenüber abiotischem Stress sowie die Pflanzenqualität zu verbessern.“ Als Ausgangsstoffe für die Biostimulanzien dienen meist:

  • Nützliche Pilze • Nützliche Bakterien
  • Chitosane und andere Biopolymere
  • Anorganische Substanzen
  • Humin- und Fulvosäuren
  • Algenextrakte und andere pflanzliche Ausgangsstoffe
  • Proteinhydrolysate und andere Stickstoff-haltige Substanzen

Die aus diesen Substanzen hergestellten Biostimulanzien wirken sehr komplex auf die Pflanze und beeinflussen viele Bereiche des Organismus zu verschiedensten Zeitpunkten der Entwicklung. Aus diesem Grund ist eine konkrete Beschreibung der Wirkung und ihr gezielter Nachweis auch so schwierig. Trotzdem ist es das Ziel, langfristig ein Nachweisverfahren über Wirkung und Qualität zu schaffen, damit sichergestellt werden kann, dass nur Produkte mit einer Daseinsberechtigung auf dem Markt verfügbar sind.

Wie sind Biostimulanzien rechtlich einzuordnen?

Seit 2019 fallen die Biostimulanzien unter die EU-Düngeproduktverordnung, sind aber weder Dünge- noch Pflanzenschutzmittel. In Deutschland wiederum werden diese Produkte entweder als Pflanzenstärkungsmittel eingeordnet und fallen damit unter das Pflanzenschutzrecht, oder sie gehören zu den Pflanzenhilfsmitteln bzw. Bodenhilfsstoffen und fallen damit unter die Regelung durch die Düngemittelverordnung. Soweit, so gut, aber:

Wie unterscheidet man Pflanzenstärkungsmittel und Bodenhilfsstoff?

Pflanzenstärkungsmittel sind gemäß §2 Nr. 10 Pflanzenschutzgesetz Stoffe und Gemische einschließlich Mikroorganismen, die ausschließlich dazu bestimmt sind, allgemein der Gesunderhaltung der Pflanzen zu dienen oder dazu bestimmt sind, Pflanzen vor nicht-parasitären Beeinträchtigungen zu schützen, also zum Beispiel vor Hitze, Trockenheit, Kälte, Stress durch Pflanzenschutzmaßnahmen, Umpflanzungen oder Ähnliches. Pflanzenstärkungsmittel können außerdem nicht Pflanzenschutzmittel nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sein. Das betrifft zum Beispiel die Phosphonate, die zwar eine biostimulierende Wirkung haben, aber auch als Pflanzenschutzmittel registriert sind. Bodenhilfsstoffe bzw. Pflanzenhilfsstoffe dienen vordergründig der Versorgung der Pflanze mit Nähr- und Spurennährstoffen und unterliegen daher dem Düngemittelrecht.

Die Wirkung von Biostimulanzien

Da sich die Produkte beziehungsweise Produktgruppen stark voneinander unterscheiden, kann man schwerlich eine allgemeingültige Aussage treffen. Gemein haben die Produkte, dass sie die natürlichen bereits ablaufenden Prozesse der Pflanzen und ihrer Umgebung fördern. Im Einzelnen bedeutet dies, dass Biostimulanzien:

  • die Qualitätsmerkmale erhöhen
  • die Stresstoleranz gegenüber abiotischem Stress erhöhen
  • die Nährstoffaufnahme und -verwertung der Pflanze fördern
  • das Bodenleben fördern.

Was dürfen wir an Wirkung erwarten?

Die Wirkung und der Wirkungsgrad von Biostimulanzien sind von verschieden Faktoren abhängig und deswegen schwieriger vorauszusagen, als es zum Beispiel bei Pflanzenschutzmitteln der Fall ist. Da diese Produkte den Stoffwechsel der Pflanze stimulieren, ist die Wirkung maßgeblich vom Ist-Zustand der Pflanze abhängig. Ist die Pflanze in einem optimalen Zustand und absolut keinem Stress ausgesetzt, wird die Wirkung geringer bis nicht vorhanden sein. Eine Anwendung zu den empfohlenen Zeitpunkten kann wiederum nach bisherigem Kenntnisstand zu 5-10 % Ertragssteigerung, 5-25 % Steigerung der Nährstoffeffizienz und 15 % Qualitätssteigerung führen. Das Ziel ist aber in erster Linie die Absicherung von Ertrag und Qualität unter ungünstigen Bedingungen.

Biostimulanzien – Eine sinnvolle Ergänzung?

Der Markt für Biostimulanzien wächst weltweit jährlich um ca. 10-12 %. 2019 lag der Umsatz bei einer Milliarde Euro. Biostimulanzien entsprechen dem Verbraucherwunsch und auch dem des Einzelhandels, weniger Pflanzenschutzmittel in der Lebensmittelproduktion zu verwenden. Die Anwendung dieser Produktgruppe kann es ermöglichen, den Einsatz von Dünge- sowie Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und somit der Umsetzung der immer stärkeren rechtlichen Einschränkungen durch die Düngemittelverordnung und die Pflanzenschutzrichtlinien nachzukommen. Nicht zuletzt können durch diese Produkte Pflanzenschutzstrategien entlastet werden. Indem eine Anwendung durch Biostimulanzien ersetzt wird, schonen wir unsere derzeitigen Pflanzenschutzmittel und beugen bei einer engen Wirkstoffrotation einer Resistenzbildung vor. Die Antwort auf die einleitende Frage, ob der Einsatz von Biostimulanzien eine sinnvolle Ergänzung zu den bisherigen Betriebsmitteln sind, lautet also ja. Biostimulanzien bilden einen neuen Baustein für die Landwirtschaft und bieten dem Landwirt eine weitere Alternative.