Aminoprodukte, Pflanzenstärkungsmittel auf Basis von Aminosäuren, gehören zu der Gruppe der Biostimulanzien. Mit dem vorangegangenen Artikel „Biostimulanzien – eine sinnvolle Ergänzung!?“ gehen wir bereits kurz auf die generelle Wirkung von Biostimulanzien ein. Im folgenden Text möchten wir Ihnen die Aminoprodukte genauer vorstellen. Was sind Aminoprodukte? Worin können sie sich unterscheiden und woran erkenne ich die Unterschiede? Wie wirken sie und warum?
Was sind Aminoprodukte?
Aminoprodukte heißen eigentlich Proteinhydrolysate, denn diese Produkte entstehen durch die Hydrolyse (Aufspaltung) von tierischen oder pflanzlichen Proteinen. Proteine sind sehr große Moleküle, die aus vielen Aminosäuren bestehen. Diese Aminosäuren sind durch Peptidbindungen zu Ketten verbunden. Eine kleinere Kette wird als Oligopeptid bezeichnet, eine größere Kette als Polypeptid, bis sie schließlich ab ca. 100 verbundenen Aminosäuren als Protein bezeichnet wird. Aminoprodukte entstehen also durch eine Hydrolyse, die zur Aufspaltung dieser Peptidverbindungen führt (Abb. 1). Dadurch werden aus den Proteinen wieder die kleineren Peptidketten und schließlich auch die Einzelbausteine, die Aminosäuren gebildet. Die Art der Hydrolyse (chemisch oder enzymatisch) entscheidet ob viele oder wenige Peptidbindungen gespalten werden. Das Endprodukt enthält deshalb auch nicht nur die Einzelbausteine, die Aminosäuren, sondern auch Peptide. Peptide erfüllen ebenfalls Funktionen in der Pflanze. Der Begriff „Aminoprodukt“ ist deshalb nicht ganz zutreffend, wird aber der Einfachheit halber im Folgenden als Bezeichnung für diese Produktgruppe innerhalb der Biostimulanzien verwendet.
Wofür braucht die Pflanze Aminosäuren?
Es wurden bisher hunderte Aminosäuren in der Natur entdeckt. 20 davon üben in der Pflanze ihre wichtigste Funktion aus: Die Bildung von Proteinen. Aminosäuren gibt es in verschiedenen strukturellen Anordnungen, die entscheidend für Ihre Funktion sind. Befindet sich die Aminogruppe (NH2) links wird die Aminosäure als L-Aminosäure (lat. laevus „links“) bezeichnet, befindet sie sich rechts wird sie als D-Aminosäure (lat. dexter „rechts“) bezeichnet. Proteinogene Aminosäuren, solche die die Proteine bilden, sind L-Aminosäuren. Die daraus gebildeten Proteine sind der Grundstoff des Lebens. Sie bestimmen den Biomasseaufbau, die Qualitätseigenschaften und die Widerstandsfähigkeit der Pflanze gegenüber Stress (z. B. Trockenheit, Krankheit usw.). Gebildet werden die Aminosäuren aus Stickstoff in Form von Ammonium. Da die Pflanze in der Regel überwiegend Stickstoff als Nitrat aufnimmt, muss es zunächst zu Ammonium reduziert werden (Abb.3). Ein aufwändiger Prozess, der ca. 25 % der totalen Energieausgaben der Pflanze ausmacht. In Phasen von Stress kann es zusätzlich zu einer beeinträchtigten Synthese der Aminosäuren kommen. Auch ein Abbau von Proteinen und Enzymen zurück zu Aminosäuren ist möglich, denn die Pflanze braucht diese Grundbausteine um andere Proteine aufzubauen, die den Stress mindern. Kein Wunder also, dass die direkte Zugabe von Aminosäuren durch ein Aminoprodukt eine so interessante Lösung ist. Auf diese Weise können die negativen Effekte gemindert werden.
Welche Unterschiede gibt es zwischen den Aminoprodukten?
Ursächlich für die Unterschiede zwischen den am Markt erhältlichen Produkten sind vor allem der Ursprung der Proteine und die Art der Hydrolyse. Die chemische Hydrolyse erfolgt durch die Zugabe von Säuren oder Laugen, die die Peptidbindungen spalten. Dieses Verfahren erfolgt bei sehr hohen Temperaturen und ist ungerichtet, das heißt die Peptidbindungen werden zufällig gespalten. Die Spaltungsrate ist sehr hoch und es entsteht eine große Anzahl freier Aminosäuren. Freie Aminosäuren sind nicht chemisch gebunden und deshalb für die Pflanze direkt als Baustein nutzbar. In den meisten Aminoprodukten liegt ihr Anteil bei 5-20 %.
Bei der chemischen Hydrolyse kommt es aber auch zur Destruktion mancher Aminosäuren. Tryptophan, eine wichtige Vorstufe des Phytohormons Auxin, wird meist vollständig zerstört, sowie zu großen Teilen auch die Aminosäuren Cystein, Serin und Threonin. Des Weiteren liegt eine höhere Anzahl der Aminosäuren in D-Form, statt in der für die Pflanze besser nutzbaren L-Form vor. Bei der enzymatischen Hydrolyse spalten Enzyme die Peptidbindungen. Dieser Prozess läuft bei wesentlich geringeren Temperaturen ab und ist deshalb schonender. Außerdem ist die Spaltung durch die Enzyme zielgerichteter. Die für die Spaltung bevorzugten Peptidbindungen hängen vom genutzten Enzym ab und lassen sich voraussagen, wodurch die Zusammensetzung des Endproduktes bekannt ist. Aufgrund der insgesamt geringeren Spaltungsrate kommen in dem Endprodukt mehr Peptide unterschiedlicher Länge vor und dafür weniger Aminosäuren. Je nachdem ob das Aminoprodukt aus tierischen oder pflanzlichen Proteinen hergestellt wird, variiert das Aminogramm (Aminosäuremuster), welches auch auf den Produktbeschreibungen steht.
Pflanzliche Aminoprodukte haben eine hohe Konzentration an Asparagin- und Glutaminsäure, die eine wichtige Rolle im Stickstoffmetabolismus der Pflanze einnehmen. Tierische Aminoprodukte weisen dagegen eine hohe Anzahl an Glycin und Prolin auf, die wesentlich für die Protein- und Zellmembranstabilität sind. Außerdem sind sie auch wichtig für die Regulierung des Wasserhaushaltes v.a. unter Trockenstress. Neben den Hauptbestandteilen, Aminosäuren und Peptiden, enthalten Aminoprodukte je nach Herkunft außerdem Fette, Kohlenhydrate, Phenole, Mineralstoffe, Phytohormone und andere organische Verbindungen, die das Wachstum der Pflanze beeinflussen können.
Wie nimmt die Pflanze die Aminoprodukte auf?
Die Aminosäuren und Peptide der Aminoprodukte können sowohl über das Blatt als auch über die Wurzel aufgenommen werden. Die Aufnahme über das Blatt ist deutlich effektiver. Ein Großteil der über das Blatt applizierten Aminosäuren und Peptide wird innerhalb weniger Stunden aufgenommen. Durch eine Versorgung mit Aminoprodukten über den Boden, also die Wurzel, gelangen weniger Aminosäuren und Peptide in die Pflanze. Es wird davon ausgegangen, dass zwischen 5-25 % auf diesem Weg von der Pflanze aufgenommen werden. Der Rest wird von Mikroorganismen genutzt, die mit der Pflanze um die Aminosäuren konkurrieren. Das hat aber den Vorteil, dass das Bodenleben gefördert wird und die Bodenfruchtbarkeit steigt. Des Weiteren können die Mikroorganismen die Pflanze indirekt beeinflussen, da sie Enzyme abgeben, die die Peptide in kleinere Fragmente hydrolysieren. Diese Fragmente können als Signalmoleküle fungieren, die das pflanzliche Wachstum beeinflussen.
Die Wirkung der Aminoprodukte
Die Aminosäuren dienen als Grundbaustein für die in der Pflanze gebildeten Proteine, die in allen Prozessen des Lebenszyklus wichtige Rollen einnehmen. Entsprechend vielfältig sind die positiven Effekte der Produkte. Bei abiotischem Stress wie zum Beispiel Hitze, Strahlung, Trockenheit, Nässe, Versalzung oder eben auch Pflanzenschutzmaßnahmen, kommt es in der Pflanze zur Bildung von Sauerstoffradikalen, die die Zellmembran und DNS schädigen. Der Prozess wird als oxidativer Stress bezeichnet. Die verabreichten Aminosäuren und Peptide fördern die Bildung von Enzymen und Substanzen, die in der Lage sind die Radikale zu entgiften. Wie bereits erwähnt, haben die Aminosäuren selbst ebenfalls Funktionen, die den Stress reduzieren. Die Aminosäure Prolin zum Beispiel wird bei Trockenstress angereichert, da sie dabei hilft den Wasserhaushalt zu regulieren. Auch bei biotischem Stress, also Krankheitsbefall, helfen die Aminoprodukte indirekt. Sie fördern die Bildung von Substanzen, die in der Pflanze wie bei einem Krankheitsbefall die Abwehrreaktion aktivieren. Kommt es anschließend zu einem tatsächlichen Befall, sind die Abwehrreaktionen schon hochgefahren und die Erreger können besser abgewehrt werden. Hinzu kommt, dass all diese Schutzmaßnahmen der Pflanze sehr viel Energie rauben. Da die direkte Applikation von Aminoprodukten die aufwändige Neusynthese der Aminosäuren teilweise erspart, steht der Pflanze mehr Energie für andere Zwecke zur Verfügung.
Aminoprodukte fördern auch das Wurzelwachstum und damit die Nährstoffaufnahme. Die enthaltenen Aminosäuren haben außerdem komplexbildende Eigenschaften und fördern dadurch direkt die Nährstoffverfügbarkeit und -aufnahme. Den größten Einfluss hat dies auf die Nährstoffe, die sonst schnell festgelegt werden, wie es bei Mikronährstoffen und Phosphor häufig der Fall ist. In den Produkten sind in der Regel bis zu 20 % Stickstoff enthalten, der organisch gebunden in Form von Aminosäuren vorliegt. Diese Produkte haben deshalb auch eine Nährstoffwirkung, allerdings ist sie aufgrund der geringen Aufwandmengen nicht signifikant. Man hat auch festgestellt, dass die Aktivität mancher Enzyme gesteigert wird, so auch die der Nitratreduktase. Dies hat beispielsweise den Effekt, dass die unerwünscht hohen Nitratgehalte in Salaten oder Spinat gesenkt werden können. Im Boden fördern sie die Synthese von wachstumsfördernden Phytohormonen, das Bodenleben und symbiontische Beziehungen zwischen Mikroorganismen und Pflanze (Mykorrhizien, Knöllchenbakterien). Aminoprodukte steigern die Qualität der Ernteprodukte durch erhöhte Photosyntheseraten sowie erhöhte Gehalte an Zuckern und Antioxidantien. Aminosäuren sind die Vorstufen von Komponenten, die Aroma, Geschmack und Farbe bestimmen. Auch die in den Aminoprodukten enthaltenen Peptide fördern die pflanzliche Entwicklung.
Sie wirken als Signalmoleküle, die die Abwehr, Wachstum und Entwicklung der Pflanze ebenfalls fördern. Das Resultat all dieser Effekte ist letztlich eine Erhaltung oder Steigerung von Biomasse, Ertrag und Qualität.
Aminosäure ist gleich Aminosäure!
Zwar unterscheidet sich das Aminosäuremuster zwischen Produkten tierischer oder pflanzlicher Herkunft, nicht aber die Aminosäuren selbst. Eine Glutaminsäure ist eine Glutaminsäure, egal ob aus Tier oder Pflanze.
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